Herr Prof. Debatin, was wird die Aufgabe des (hih) sein – und was will er dabei anders machen als die allseits bekannten Player?
Der hih wird eine Brücke zwischen den sogenannten Stakeholdern und der Digitalen Start-up-Szene schlagen und dabei Gesundheit neu denken. Wir werden keine neuen Software-Lösungen erfinden, aber kreative Ideen zusammenführen, bestehende Lösungen unter die Lupe nehmen, ihren Wert für die Regelversorgung ermessen, und mit unseren Experten zur Anpassung der Rahmenbedingungen wie z. B. Interoperabilität beitragen. Es geht darum, innovative Lösungen schneller zum Wohle des Patienten sowie der Unterstützung von Ärzten und Pflegenden verfügbar zu machen.
Braucht es dazu wirklich einer weiteren Institution ohne direkte Entscheidungskompetenz, die den Steuerzahler in den nächsten drei Jahren 5,4 Millionen Euro kosten wird?
Es braucht dafür auf jeden Fall Experten, die nah am Puls der Technologie und an der klinischen Praxis sind. Und es braucht dafür Experten, die über ein klares Verständnis des Rechtsrahmens im deutschen Gesundheitssystem verfügen. Wir wollen helfen, mit einem unverstellten Blick neue Ideen zu entwickeln. Frischer Input von außen – der kompetent und unabhängig agiert und empfiehlt, kann viel Gutes bewirken. Und das derzeitige Handlungsfenster bedarf keines Aufschubes.
Wie kam es zur Idee des Hubs?
Auslöser war offenbar ein Besuch von Jens Spahn im Cyber Innovation Hub der Bundeswehr hier in Berlin im vergangenen Jahr. Auch der Bundeswehr Hub versteht sich als Schnittstelle zur Start-up-Szene und soll digitale Innovationen innerhalb der Streitkräfte vorantreiben. Der Minister fand die Idee des Hubs cool und nahm sie mit. Im Sommer rief mich Gottfried Ludewig (zuständiger Abteilungsleiter für Digitalisierung im BMG, die Red.) an und erzählte mir, dass sie diese Idee gern auf das Gesundheitswesen übertragen wollten – und ob ich mir vorstellen könnte, diesen Hub zu leiten. Meine erste Reaktion war: Wo ist der Haken?
Und wo war der Haken?
Ich habe immer noch keinen gefunden. Sieht man mal davon ab, dass die Realisierung etwas länger gedauert hat als geplant.
Damit sprechen Sie die Vorbehalte im BMG gegenüber der Idee des Hubs an, die auch der Minister bereits eingeräumt hat. Die Vorbehalte wirken verständlich, denn schließlich könnte der Eindruck entstehen, im Ministerium und in den etablierten Organen fehle es an Expertise…
Das sehe ich anders. Es geht nicht um Besserwisserei. Der Hub kann anders arbeiten, als es Abteilungen im BMG, nachgeordnete Behörden oder die etablierten Strukturen des Gesundheitswesens bislang gewöhnt sind. Unsere Aufgabe ist es, kurzfristig ausgewiesene Expertise dem Ministerium und allen anderen Stakeholdern verfügbar zu machen. Dafür haben wir größere Freiheiten und gehen die Dinge mit einem erweiterten Blick bezüglich der Zukunft an. Um es klar zu sagen: Uns geht es um Umsetzung. Die digitalen Konzepte müssen von den schicken Folien in die reale Umsetzung kommen.
Was heißt das konkret? Arbeitet der Hub rein beratend oder wird er auch direkte Empfehlungen aussprechen bzw. kann er sogar Vorgaben maßgeblich beeinflussen?
Der Hub ist kein Selbstzweck, sondern sieht sich in der Pflicht, die Agenda des BMG für eine bessere gesundheitliche Versorgung der Menschen in Deutschland voranzubringen. Wir werden beraten, wo wir gebraucht werden, vernetzen, wo es sinnvoll erscheint – und drängeln, wo wir es für nötig halten.
Befürchten Sie nicht, als digitales Feigenblatt für Minister Spahn herhalten zu müssen?
Wenn der Minister einen netten Powerpoint-Spezialisten hätte haben wollen, hätte er mich bestimmt nicht ausgesucht. Jeder aus dem Team bringt ausreichend Selbstbewusstsein mit, um alle diesbezüglichen Befürchtungen auf Anhieb zu zerstreuen.
Das ganze Interview lesen Sie auf: https://www.kma-online.de
TXT: Guntram Doelfs
Foto: Jan Pauls/ hih2025
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