ePatient, Gesundheit 2025

DiGA-Interview-Reihe > Teil 1: Prof. Dr. Emrah Düzel, Direktor des IKND

Unsere Diskutanten zeigen sich kritisch, aber auch verhalten optimistisch, teils sogar mit eigenen (DiGA)-Ideen. Der DiGA wird als Ergänzung zu herkömmlichen Therapien eine Chance eingeräumt, wenn die Fragezeichen ausgeräumt sind.

von hih
Wie erfuhren Sie erstmals von der neuen Möglichkeit, Digitale Gesundheitsanwendungen verschreiben zu können?
Ziemlich konkret wurde es vor ca 2 Jahren bei einer Veranstaltung des BMG als ich die ersten Planungen zum DVG wahrgenommen habe. Als Neurologe gilt mein Interesse der Versorgung der Alzheimer Erkrankung und anderen kognitiven Einschränkungen im Alter. Da ich schon länger überzeugt bin, dass digitale Technologien unerlässlich sind um die eklatanten Versorgungslücken in diesem Bereich zu schließen, hat mich das Thema sehr eng begleitet. Ich habe selbst dazu beigetragen, dass neue Erkenntnisse aus der Alzheimerforschung in eine digitale Anwendung zur verbesserten Diagnostik einfließen, in dem ich mit Hilfe der Univ. Magdeburg ein Start-up mitgründet habe. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen hilft bei der Validierung dieses Tools mit.
Fühlen Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend (durch wen?) informiert, dies auch in Ihrer Praxis anwenden zu können?
Etwas derart komplexes auf den Weg zu bringen ist, wie zu erwarten, ein sehr dynamischer Prozess, in dem alle Beteiligten die Rahmenbedingungen kontinuierlich anpassen müssen. Ich finde hier vor allem die Veranstaltungen des hih sehr hilfreich, die den Prozess aus dem Blickwinkel verschiedener Stakeholder in Workshops und Diskussionsrunden beleuchten. Ich hoffe, dass diese Veranstaltungen so weiter fortgeführt werden – auch mit Erscheinen der ersten DiGA.
Welche Vorstellungen der praxis-internen Prozesse haben Sie sich diesbezüglich gemacht? Wo sehen Sie noch Probleme?
Ich arbeite selbst in einer Gedächtnisambulanz und habe die möglichen Implementierungsprozesse bezüglich der Alzheimer Erkrankung mit Kollegen/innen diskutiert. Es gibt seit kurzem das Deutsche Netzwerk Gedächtnisambulanzen welches sich mit der zukünftigen Versorgung der Alzheimer Erkrankung in Arbeitsgruppen beschäftigt. Hier gibt es auch eine Arbeitsgruppe zum Thema Digital Health, was den Stellenwert der DiGA für die Zukunft noch mal unterstreicht. Die größten Probleme sehe ich darin Ärzte/innen ausreichend zu informieren, ihnen ein transparentes Schema zum Validierungs- und Evidenzgrad einer DiGA zur Verfügung zu stellen und die DiGA in den Versorgungsalltag zu integrieren. Die Evaluierung der positiven Versorgungseffekte ist dann der zweite Schritt, der ebenfalls große Herausforderungen birgt.
Welche Bedenken, und auch welche Chancen sehen Sie in diesen Möglichkeiten für Ihre Patient:innen und sich selbst als Arzt?
Im Bereich der Alzheimer Erkrankung sind die Versorgungsprobleme so eklatant, dass die Chancen meines Erachtens auf der Hand liegen. Insbesondere die hochfrequente, lebensnahe, schwankungsbereinigte Erfassung kognitiver Einbußen ist für Patient:innen und Ärzt:innen wichtig.  Für Ärzte:innen ist zudem wichtig, dass sie diese überhaupt reliabel erfassen können. Das vermeidet zudem  Über- bzw. Unterversorgung, kann nicht-Betroffenen Entwarnung geben und erlaubt es, Betroffenen medizinische Risikofaktoren zu reduzieren, Lebensstil-optimierungen vorzunehmen und ggf Versorgungsmaßnahmen zeitig zu planen.
Werden Sie Ihre Patient:innen aktiv über DiGA informieren, wenn entsprechende Lösungen in Ihrem Fachbereich ins BfArM-Verzeichnis aufgenommen werden?
Wir haben jetzt schon die Erfahrung gemacht, dass unsere Patienten großes Interesse daran äußern, Ihre Kognition mit einer DiGA monitoren zu können. Wir werden aber auch aktiv nach anderen DiGA Ausschau halten und ggf in unserer Ambulanz und im Deutschen Netzwerk Gedächtnisambulanzen gemeinsam mit unseren Patienten und deren Angehörigen berücksichtigen.
In dieser Reihe ebenfalls erschienen sind:
Dr. Sabine Maur, niedergelassen Psychotherapeutin und Kammerpräsidentin Rheinland-Pfalz

Eva Schweitzer-Köhn, Psychotherapeutin und Mitglied im Bundesvorstand der Vertragspsychotherapeuten

Der Dermatologe Max Tischler, Sprecher Bündnis Junge Ärzte Junge Dermatologen (JuDerm) im Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) bzw. Stv. Vorsitzender Arbeitskreis Junge Ärzte der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

Dr. Johannes Knitza, Rheumatologie, Universitätsklinikum Erlangen

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