„Mehr Mut“
Der Entwurf des Digitalisierungsgesetzes ist da. Im Interview mit dem Fachmagazin E-HEALTH-COM erklärte der Abteilungsleiter Digitalisierung im BMG, Dr. Gottfried Ludewig, wohin die Reise geht.
Der Entwurf des Digitalisierungsgesetzes ist da. Im Interview mit dem Fachmagazin E-HEALTH-COM erklärte der Abteilungsleiter Digitalisierung im BMG, Dr. Gottfried Ludewig, wohin die Reise geht.
Herr Ludewig, Sie leiten seit gut einem Jahr die von Jens Spahn damals neu geschaffene Abteilung Digitalisierung im Bundesgesundheitsministerium. Was schlägt Ihnen aus der Branche entgegen?
Zum einen Freude, dass es endlich nicht nur in Round-Table-Gesprächen, sondern auch gesetzlich vorangeht – und gleichzeitig der Wunsch, dass es bitte noch schneller vorangehen möge! Es gibt viele enthusiastische Leute, die zeigen wollen, dass Digitalisierung – auch und vor allem für das Gesundheitswesen – etwas Gutes ist. Das freut uns.
Das TSVG (Terminservice- und Versorgungsgesetz) tritt im Mai in Kraft und bringt eine ganze Reihe von Neuerungen im Bereich Digitalisierung. Fangen wir mit der gematik an: Was wollen Sie als neuer Mehrheitsgesellschafter ändern, und was gefällt Ihnen so, wie es ist?
Ohne Vorwurf an einzelne Gesellschafter – aber das bestehende Konstrukt der organisierten Verantwortungslosigkeit mussten wir beenden. Fast 15 Jahre mit geringen Erfolgen haben deutlich gezeigt, dass diese Struktur keine Zukunft hat. Wir übernehmen jetzt bewusst die Verantwortung. Einfach weiter am Spielfeldrand zuschauen und kommentieren, warum die anderen alles falsch gemacht haben – das ist für uns bei einem so zentralen Zukunftsthema keine Option mehr. Wir wollen künftig schneller zu Entscheidungen kommen. Die Mehrwerte für Versicherte und Leistungserbringer müssen in den Mittelpunkt.
Genau in diesen Bereichen müssen wir dramatisch an Geschwindigkeit aufnehmen. Zugleich muss sich die gematik neu ausrichten: Es geht nicht nur um theoretische Spezifikationen, sondern auch um deren praktische Realisierbarkeit. Die bisherigen Gesellschafter bleiben an Bord – wir laden sie ausdrücklich ein, die Entwicklungen weiterhin aktiv mitzugestalten.
Der große Aufreger der letzten Wochen waren die Patientenakten. Wie stellen Sie sich den Übergang der derzeitigen Gesundheitsakten (eGA) in Richtung Patientenakten nach § 291a (ePA) konkret vor?
Wir haben mit allen eGA-Anbietern früh gesprochen. Daraufhin haben wir eine Arbeitsgruppe mit den Kassen innerhalb der gematik eingerichtet, die sich konkret um Übergangspfade für die bestehenden eGAs kümmert. Zudem – und das sage ich auch in Richtung der Kritiker der ePA-Spezifikation – wird die ePA am 1.1.2021 nicht die alle glücklich machende, perfekte elektronische Patientenakte sein. Sie ist aber endlich ein Startpunkt! Wir alle werden jetzt gemeinsam daran arbeiten, dass eine positive Weiterentwicklung der ePA nach dem 1.1.2021 sichergestellt wird.
Trotzdem ist das Ziel nicht die Einheitsakte, oder doch?
Nein, und das ist auch ein wichtiger Aspekt des TSVG, der bisher in der Diskussion zu kurz kommt. Die Krankenkassen müssen diese Basisversion der ePA nach gematik-Spezifikation anbieten. Zugleich aber erhalten sie mit dem Gesetz erstmals die Möglichkeit, diese um kassenindividuelle Mehrwertanwendungen zu ergänzen. Das heißt: Was die Krankenkassen aus ihren eGAs lernen, können sie als Mehrwertanwendungen in der ePA unterbringen. Die Kassen können also auch weiterhin Innovationen vorantreiben und sind nicht auf eine Einheitsakte festgelegt.
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Stichwort Innovation: Das BMG hat im April eine Art mobile Eingreiftruppe ins Leben gerufen, den Health Innovation Hub, den Sie auch räumlich getrennt platziert haben, nämlich im Start-up-Viertel an der Berliner Torstraße. Was ist das für ein Konstrukt, was ist seine Aufgabe?
Mit dem Hub binden wir für einen begrenzten Zeitraum eine sehr hohe Expertise im Bereich Technologie, künstliche Intelligenz und neuer Methoden an uns. Das hilft uns, zu verstehen, was wir später regulieren sollen. Der Grundsatz ist: Bevor wir etwas regulieren, wollen wir es erstmal verstehen. Wir haben jetzt Experten an der Seite, die analysieren, was technologisch passiert und worauf wir uns einstellen müssen, die aber auch betrachten, wie andere Länder regulatorisch mit diesen Themen umgehen. Über die Unterstützung von Professor Jörg Debatin, Henrik Matthies und seinem Team freue ich mich sehr.
Das ganze Interview lesen Sie auf: https://e-health-com.de/thema-der-woche/mehr-mut/
TXT: Philipp Grätzel von Grätz
Foto: Tobias KochZur Magazin-Übersicht