DVG Fast Track / DiGA, Smart Praxis, Good News

Weiterentwicklungen des DiGA-Verzeichnisses

Rechtzeitig zum Jahreswechsel wurde die 10. DiGA ins BfArM-Verzeichnis aufgenommen. Jetzt, wo dies eingespielt ist, kommen Feinschliff und internationale Standards ins Spiel. Wir schauen mit Dr. Barbara Höfgen, Leiterin des Fachgebiets „DiGA-Fast-Track“ beim BfArM, auf die Lehren und die realisierten und angedachten Weiterentwicklungen des Registers und Prozesses.

von hih

Entspricht das Aufkommen der Anträge in etwa auch Ihren Erwartungen?
Wir haben bislang schon 50 Anträge auf Aufnahme erhalten. Das Verfahren ist gut angelaufen und funktioniert. Die ersten Anträge sind bereits direkt nach Eröffnung des Portals eingegangen. Die Qualität der Anträge ist meistens gut, sodass wir schnell inhaltlich bewerten können. Bei dem einen oder anderen Antrag mussten wir allerdings noch einige Informationen nachfordern und in einigen Fällen reichten die vorliegenden Daten nicht für eine Aufnahme aus, sodass sich der Hersteller entschlossen hat, den Antrag zurückzuziehen und später mit ergänzter Datenlage bzw. vorgenommener Nachjustierung neu einzureichen. Insgesamt sind wir mit dem Fast-Track und dem Engagement der Antragsteller sehr zufrieden.

Welche Erwartungen ihrerseits wurden bisher erfüllt bzw. unterlaufen?
Die Menge der Anträge und die Vielfalt der Anwendungen hat unsere Erwartungen durchaus erfüllt. Wir haben auch den Eindruck, dass der ausführliche Leitfaden und unsere weiteren Hilfestellungen und Beratungsangebote gut von den Herstellern angenommen und als Unterstützung für die Antragstellung genutzt werden. Das Feedback hierzu, das wir z.B. durch unsere Umfrage zu diesen Angeboten, aber auch in vielen Gesprächen und Veranstaltungen – beispielsweise auch den beiden DiGA Summits – erhalten haben, haben wir als sehr konstruktiv empfunden. Die entsprechenden Rückmeldungen gehen in Form von Konkretisierungen oder weiteren FAQ in den Leitfaden und die Ausfüllhilfe, die wir als lebende Dokumente sehen, die insbesondere auch vom Austausch leben, ein.

Welche Reaktionen haben Sie von den Verschreibenden bisher wahrgenommen?
Es gab hier und da ein paar Rückfragen zu einzelnen DiGA, die gelistet sind. Bislang haben wir fast nur positive Rückmeldungen zum allgemeinen Verfahren. Zum Verzeichnis läuft eine Nutzerbefragung, die wir fortlaufend auswerten. Wir nehmen Verbesserungsvorschläge und Kritik sehr ernst und optimieren das Verzeichnis für alle Nutzenden kontinuierlich. Für uns ist auch das Verzeichnis ein lernendes System, das sich mit dem Feedback kontinuierlich weiterentwickelt.

Gibt es etwaige Änderungen rund um das Verzeichnis mit Beginn des neuen Jahres?
Nachdem wir vor Weihnachten umfangreiche Filtermöglichkeiten im Verzeichnis ergänzt haben, stellt das BfArM nun die Daten aus dem Verzeichnis zusätzlich zur benutzerfreundlichen Online-Ansicht auch in maschinenlesbarer Form zur Verfügung. Einen Zugriff auf diese Schnittstelle können alle in der Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) genannten Institutionen beantragen, also z.B. Hersteller von Praxisverwaltungssystemen, Krankenkassen oder medizinische Fachgesellschaften.

Seit Anfang des Jahres kann dazu ein mit verschiedenen Stakeholdern abgestimmter Kerndatensatz über eine Programmierschnittstelle auf Basis des internationalen Standards FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources) abgerufen werden. Das von uns schon veröffentlichte Datenmodell sowie die Schnittstellenspezifikation wird in diesem Jahr sukzessive und in Abstimmung mit verschiedenen Beteiligten weiterentwickelt. In der Zwischenzeit können sich Berechtigte übergangsweise auch alle Daten der im DiGA-Verzeichnis veröffentlichten DiGA über eine maschinenlesbare Datei im JSON-Format herunterladen. Wir sind zuversichtlich, dass diese neuen Möglichkeiten der ergänzenden Datennutzung zu noch mehr Transparenz und Akzeptanz für das Verzeichnis beitragen und so einen wichtigen Beitrag für die Weiterentwicklung der nationalen eHealth-Infrastruktur leisten

Welche Verbesserungen im Prozess bzw. des Handlings versprechen Sie sich dadurch?
Insgesamt sollten die berechtigten Stakeholder noch einfacher und schneller alle wichtigen Informationen zu den im DiGA-Verzeichnis befindlichen DiGA ansehen und z.B. im Verordnungsprozess nutzen können.

Verändern sich dadurch auch die Anforderungen an die DiGA/-Hersteller?
Zum 1. Januar 2021 haben sich vor allem allgemein zwei Anforderungen an DiGA geändert: Zum einen müssen DiGA im Sinne der Verordnung zu digitalen Gesundheitsanwendungen interoperabel sein. Das bedeutet, die DiGA muss die Gesundheitsdaten in menschen- und in maschinenlesbarer Form über eine Schnittstelle zur Verfügung stellen. Die Schnittstelle muss im vesta-Verzeichnis der gematik gelistet sein oder eine Aufnahme des eigenen Standards ins vesta-Verzeichnis muss beantragt werden. Zum anderen sieht die DiGAV vor, dass DiGA nun spätestens barrierefrei sind. Diese Anforderung stellt vor allem sicher, dass DiGA von einem möglichst breiten Patientenspektrum genutzt werden können.

Welchen Einfluss haben diese Neuerungen auf den direkten Verschreibungsprozess?
Sofern die Praxisverwaltungssysteme zukünftig direkt über die Schnittstelle auf die Daten im DiGA-Verzeichnis zugreifen, haben Ärztinnen und Psychotherapeuten bereits mit Aufnahme neuer DiGA in das Verzeichnis die Möglichkeit, diese DiGA unmittelbar auch über ihr Praxis-System zu sehen und zu verordnen. Unsererseits stehen die Daten nun bereit.

Was haben Sie noch als Störfaktoren identifiziert, die im Laufe des Jahres ausgeräumt werden sollten?
Wir entwickeln das Verzeichnis und auch das Antragsportal ständig weiter. Gerade was die Performance angeht, ist da sicherlich noch Luft nach oben. Das gehen wir in diesem Jahr als erstes an. Da immer mehr DiGA in das Verzeichnis aufgenommen werden, werden wir z.B. eine intelligente Suchfunktion implementieren. Im Zuge der Schnittstellengestaltung wird auch die Aufbereitung von Informationen im Verzeichnis entsprechend auf den Prüfstand gestellt und ggf. nochmals an entsprechender Stelle optimiert. Da haben wir noch viele Ideen in der Pipeline.

Welche dringenden Empfehlungen haben Sie an DiGA-Hersteller in dieser Phase, die bislang womöglich noch zu wenig Berücksichtigung fanden?
Den DiGA-Leitfaden intensiv zu lesen und uns jederzeit bei Bedarf um Rat zu fragen, sind wohl die besten Empfehlungen.

Insbesondere empfiehlt es sich, den dreimonatigen Fast-Track nicht nur als Anforderung für das BfArM zu sehen, sondern sich als Antragsteller von vornherein darauf einzustellen, bei inhaltlichen Rückfragen z.B. zum positiven Versorgungseffekt, zum Datenschutz und zur statistischen Studienplanung kurzfristig antworten zu können. Es ist ein Fast-Track für alle Seiten. Die Erfahrungen haben auch gezeigt, dass Antragsteller, die im Vorfeld eine Beratung bei uns in Anspruch genommen haben, besser wussten, was im Antragsverfahren auf sie zukommt und wie sie den Antrag inhaltlich am besten vorbereiten können. Von einem frühzeitigen Austausch profitieren alle Seiten.

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